Autor | Thema |
---|---|
Johannes (Axe) Haux
Poseidon Registriert seit: Okt 2000 Wohnort: D-73035 Göppingen-Jebenhausen Verein: HGV, AGM, TRA #7891 L2 z.Zt. inaktiv Beiträge: 1067 Status: Offline |
Beitrag 19168
, Tag der Raumfahrt - Kritische Stimme
[16. September 2002 um 07:40]
Hi,
bin ueber diesen Link zum Tag der Raumfahrt gestolpert: Tag der Raumfahrt bei Heise Frage an unsere 'insider' - ist es so schlimm oder wird hier schwarzgesehen? Gruss Johannes Die Zensur ist das lebendige Geständnis der Großen, daß sie nur verdummte Sklaven aber keine freien Völker regieren können. (Johann Nepomuk Nestroy) Das Merkwürdige an der Zukunft ist wohl die Vorstellung, daß man unsere Zeit einmal die gute alte Zeit nennen wird. (Ernest Hemingway) Es wird niemals so viel gelogen wie vor der Wahl, während des Krieges und nach der Jagd. (Otto Fürst von Bismarck) |
Hendrik
Senior Pyronaut
Registriert seit: Sep 2000 Wohnort: Köln Verein: SOLARIS-RMB e.V., DGLR e.V., Aero Club Rheidt e.V. Beiträge: 2941 Status: Offline |
Beitrag 19181
[16. September 2002 um 12:41]
Hallo Axe,
hier meine Statements zur dem von Dir verlinkten Artikel: Die deutsche Forschungsministerin Edelgard Bulmahn sagte bei der Zentralveranstaltung in Köln-Porz, sie wolle die Begeisterung vor allem der jungen Menschen für Technik und Naturwissenschaften weiter fördern. Doch wer mit den Akteuren aus Forschung und Entwicklung redet, bekommt den Eindruck, dass es diese Begeisterung, wenn überhaupt, trotz der Politik und nicht wegen ihr gibt. Vollkommender Quatsch! Wir alle wissen, gerade auch durch unser Hobby, daß von den Raketen und der Raumfahrt als solche eine besondere Faszination ausgeht. Ich kenne KEINEN Kollegen, der hier nicht mit Leib und Seele zur Arbeit kommt und sich tierisch freut, wenn die Turbinen von Passagier-Jets die Technologie beinhalten, an der man selbst mitentwickelt hat, oder wenn eine Ariane-Rakete gestartet wird und man weiß, daß man seinen persönlichen Teil zu dieser Mission dazu beigetragen hat. Also, die Begeisterung springt einem hier förmlich ins Gesicht. Viele Forscher fühlen sich um die Vision betrogen, die sie einst zu ihrer Berufswahl veranlasst hat, und beklagen die zunehmende Marktorientierung und Kommerzialisierung der Raumfahrtpolitik. Engstirnige Forscher .... :-( Ohne Vermarktung und Kommerz wäre die Raumfahrt unbezahlbar! Raumfahrt ist heute in einer Weise auf die Erde bezogen, die schon fast einer anti-kopernikanischen Wende gleichkommt. Ausgerechnet die Technologie, die es ermöglicht, diesen Planeten zu verlassen, befördert ein Weltbild, das ihn wieder zum Zentrum der Welt macht. Sinnlos, zwecklos, inhaltslos und einfach nur blablabla Da spricht wohl ein Luftfahrer, der Mißstimmung gegen die Raumfahrer aufzubringen, damit der Bund die Luftfahrt in Zukunft mehr bezuschusst.... Neider! Weltraumtechnologie sei "kein Science Fiction für die Kolonisierung anderer Galaxien", schreibt Bulmahn in einer anlässlich des Tags der Raumfahrt erschienenen Broschüre, "sondern Forschung für die Menschen auf unserem Planeten". Juuuup, genau so ist es! Bevor wir nicht uns selbst verstehen ist es sinnlos, sich in andere Welten aufzumachen, sie zu besiedeln und ebenfalls nicht zu verstehen, wie diese Welten funktionieren. Raumfahrt ist anwendungsbezogene Forschung für Jedermann mit Nutzen auf der Erde! Doch mittlerweile geht es nicht mehr in erster Linie um die Bewahrung des ökologischen Gleichgewichts. Aus der "Raumfahrt für die Erde" ist die "Raumfahrt für den Markt" geworden. So wurde denn auch als besonderes Highlight bei der Zentralveranstaltung zum Tag der Raumfahrt in Köln-Porz der "Innovationsmarkt" angepriesen, der helfen soll "Ideen in marktfähige Produkte umzusetzen und die notwendigen Partner dafür zu finden". Gegen eine gesunde ökonomische Basis der Raumfahrt ist nichts einzuwenden. Aber es sollte eben ein Fundament sein, auf dem nach und nach ein größeres Gebäude errichtet wird. Wenn wir nicht aus den Forschungen und Entwicklungen im Bereich Luft- und Raumfahrt gaaanz konsequent Nutzen und schwarze Zahlen schlagen, dann geht unsere Raumfahrt genauso zugrunde wie die russische. Der ca. 1000 qm große Innovationsmarkt zeigte den Menschen, wie man versteckt und indirekt die Ergebnisse der Raumfahrtforschung in der Küche, im Auto und allgemein im Alltag wiederfindet. Er zeigte neue Entwicklungen, welche auf eine industrielle Umsetzunge warten. Dazu waren viele VIPs aus der Wirtschaft geladen. Neue Entwicklungen nicht zu vermarkten, wäre doch Forschung für die Katz. Was an den von der Politik besonders gehätschelten Schwerpunkten Satellitennavigation und -kommunikation begeistert, ist nicht der Weltraum, es sind die Profite, die diese Technologien versprechen. Völliger Quatsch! Europa braucht seine eigene Satellitennavigation aus mehrererlei Gründen: GPS ist ein rein amerikanische System. Auflösung für amerikanische Militärs: wenige Milimeter genau Auflösung für Kommerz, Europa: Pi mal Auge... All der europäischen Luftfahrt, unser Verkehr, unsere Raketen werden gesteuert mit dem amerikanischen GPS. Frage: Was passiere wohl, wenn der Amerikaner mal in Europa einfallen würde? Er würde den Teil seines GPS ausschalten, den wir Europäer nutzen. Damit hätten wir keine Luftfahrt, keinen Verkehr, unsere Raketen würden nicht mehr fliegen... Europa wäre blind. Wir wären geschlagen, bevor die erste Bombe gefallen wäre. Da Amerika nicht das Auge Europas sein darf, benötigen wir unser eigenes Satellitennavigationssystem! Das da in der Öffetnlichkeit natürlich ein anderer Beweggrund als Innere Sicherheit für genannt wird, ist doch klar! Daher wird auch die bevorstehende Bundestagswahl an dieser Situation nichts ändern. Es wird nicht-staatlichen Organisationen wie Planetary Society, Mars Society oder Cosmica Network vorbehalten bleiben, die visionäre Komponente der Raumfahrt am Leben zu erhalten und ihr auf Dauer wieder größeres Gewicht zu verleihen. Aaaaja, die Wahl steht vor der Tür und dieser Artikel soll zu einer Meinungsbildung beitragen.... Naja, damit wird wohl der Artikelschreiber und Mitglied einer der drei oben genannten Visions-Gemeinschaften nicht viel Erfolg haben. Denn plumper hätte der Abschluß nicht sein können. Da will nur jemand auf sich und seine Visionen aufmerksam machen, anders kann ich den Artikel, Axe, im Nachhinein nicht bewerten. Viele Grüße, Hendrik SOL-2 Die Wissenschaft hat keine moralische Dimension. Sie ist wie ein Messer. Wenn man es einem Chirurgen und einem Mörder gibt, gebraucht es jeder auf seine Weise. Wernher von Braun (1912 - 1977), deutsch-US-amerikanischer Raketenforscher http://solaris.raketenmodellbau.org Solaris-RMBder Verein fürs Forum. |
Oliver Arend
Administrator
Registriert seit: Aug 2000 Wohnort: Great Falls, VA, USA Verein: RMV/Solaris/AGM/TRA L1/TCV/MDRA/NOVAAR Beiträge: 8351 Status: Offline |
Beitrag 19195
[16. September 2002 um 17:41]
Hendrik, kann sein, dass ich Dich missverstehe, aber ich glaube Du interpretierst den Text so, dass der Autor gegen die Raumfahrt ist. Das ist so nicht richtig. Mir scheint er eher ein desillusionierter Fan der Raumfahrt zu sein, der sich über die Einstellung von Politik und Wirtschaft zur Raumfahrt ärgert.
> wer mit den Akteuren aus Forschung und Entwicklung redet, bekommt den Eindruck, dass es diese Begeisterung, wenn überhaupt, trotz der Politik und nicht wegen ihr gibt So sehe ich das auch. Die Politik tut m.E. nicht viel für die Raumfahrt. Also: Kritik an der Politik. Dass eine Faszination da ist, wird nicht bestritten. > Engstirnige Forscher .... :-( Ohne Vermarktung und Kommerz wäre die Raumfahrt unbezahlbar Hier hast Du Recht - das ist aber das Problem der Forscher selbst. Ich selbst habe kein Problem damit, später für kommerzielle Raketenstarts a la Ariane zu arbeiten, aber noch besser wär natürlich n Träger für die erste bemannte Marsmission ;-) > Da spricht wohl ein Luftfahrer, der Mißstimmung gegen die Raumfahrer aufzubringen, damit der Bund die Luftfahrt in Zukunft mehr bezuschusst.... Glaube ich nicht. Ich glaube es stört ihn dass der Schwerpunkt der Raumfahrt, wie Du es einen Absatz später richtigerweise auch unterstützt, auf die Erforschung der Erde und nicht des inneren und äußeren Sonnensystems oder anderer Sterne gelegt wird. Was man am AURORA-Programm klar erkennt. > Aaaaja, die Wahl steht vor der Tür und dieser Artikel soll zu einer Meinungsbildung beitragen Richtig. Er soll die Öffentlichkeit dazu aufmuntern, interplanetare Raumfahrt stärker zu fordern und zu fördern. Allerdings dürften sich hier zwischen lila, rot, grün, gelb, schwarz und braun keinerlei Unterschiede ergeben. Dass hier jemand auf Visionen aufmerksam machen will, ist doch gar nicht das Verkehrteste und entspricht dem Zweck des Artikels - und der ist sicher nicht Kritik an "der Raumfahrt". Just my $0.02 Oliver |