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Achim
Moderator
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Beitrag 13189
, Wie lassen sich Spitzen bei HPR sicher fixieren?
[02. Mai 2002 um 22:08]
Bei der "Crazy daughter" stehe ich vor dem Problem, die Raketenspitze sicher auf dem Rohr verankern zu müssen, da die geplanten Bergungssysteme vom sauberen Abtrennen der Spitze am Gipfelpunkt getriggert werden. Es muss also auf jeden Fall verhindert werden, dass sich die Spitze während des Aufstiegs irgendwie selbstständig macht. Gerade bei einer Rakete mit zwei verschiedenen Rohrdurchmessern könnte ich mir vorstellen, dass das Körperrohr durch den grösseren Durchmesser erheblich mehr Luftwiderstand aufweist als die dünnere Spitze und diese nach Brennschluss dann vom Rohr gezogen wird.
Dany schrieb mal was von Share-Pins, doch ist mir deren Funktion und praktische Ausführung noch nicht so ganz klar. Könnte man evtl auch eine magnetische Verankerung in Erwägung ziehen? Magnete besitzen ja eine genau definierte Haftkraft. Oder liesse sich vielleicht auch eine pyrotechnische Entriegelung realisieren? Wie kann man die erforderliche Haftkraft ermitteln, bzw. berechnen? Wenn jemand zu diesem Thema Erfahrungen gesammelt hat, bitte melden... Gruß, Achim Der größte Feind des Erfolges ist die Perfektion |
Oliver Arend
Administrator
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Beitrag 13190
[02. Mai 2002 um 23:02]
Also, die Funktionsweise der Shear-Pins kann ich Dir nochmal erklären:
<img src="http://www.shuttle-endeavour.de/webimg/shearpins.gif"> Das blaue ist das Körperrohr, das grüne der Nosecone. In rot sind die sogenannten "Shear Pins" eingezeichnet. Dies sind dünne Nylonstifte, die in Bohrungen stecken und von der Kraft der Ausstoßladung durchtrennt werden (deshalb "shear"). Sie sind jedoch kräftig genug, den Nosecone vom Verselbstständigen abzuhalten. Die erforderliche Kraft kannst Du über die Differenz der Luftwiderstände ermitteln (F = 1/2 A rho c<sub>w</sub> v²). Oliver |
Dany
Der mit dem Dremel tanzt Registriert seit: Aug 2000 Wohnort: Fislisbach, CH Verein: ARGOS, TRA, HGV Beiträge: 1213 Status: Offline |
Beitrag 13192
[03. Mai 2002 um 00:50]
Vielleicht sagen die Bilder auf der Seite Shear Pin's (Scherstifte) noch mehr ?
Ich verwende zusätzlich noch eine Messinghülse in der Wand, damit eine saubere, exakte Kante im Rohr und im Nosecone entsteht. Die Stifte sind aus Polystyrol aus dem Modellbauhandel. Dieses System verwenden wir in allen 2-Stage-Recovery Raketen, (Talon 3, Black Brant X, Amram, ...) da hier meistens die Spitze am Drogue nach unten hängt ! |
Neil
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Beitrag 13200
[03. Mai 2002 um 09:59]
Hi,
ich verstehe nicht so ganz warum die Spitze aus dem Rohr gezogen werden sollte, wenn der Luftwiderstand der Spitze kleiner ist als der vom Rohr? Gruß Neil Die Erde ist eine Scheibe. Egal in welche Richtung sich die Menschheit bewegt, sie geht immer auf einen Abgrund zu. |
Johannes (Axe) Haux
Poseidon Registriert seit: Okt 2000 Wohnort: D-73035 Göppingen-Jebenhausen Verein: HGV, AGM, TRA #7891 L2 z.Zt. inaktiv Beiträge: 1067 Status: Offline |
Beitrag 13201
[03. Mai 2002 um 10:21]
Zitat: Stell Dir einfach mal ein Modell mit 100er Rohr, reduzierung auf 50 und dort auch die Spitze vor. Wenn wir jetzt fuer beide Teile den CW gleich ansetzen (0.5), dann ergibt sich fuer das 50er Rohr eine Frontflaeche von 1963 quadratmm. das 100er Rohr hat 7850 - 1963 = 5887. Mit dem (egal welchem) CW multipliziert ergibt sich ein groesserer Luftwiderstand des Rumpfes als der Spitze. Waehrend des Abbrandes passiert noch nichts (der Motor schiebt ja). Bei Brennschluss verschwindet diese Kraft und nur noch der Luftwiderstand ist vorhanden. Bei so stark unterschiedlichem Widerstand werden beide Teile (die ja normalerweise nur locker gesteckt sind) ungleich verzoegert und damit die Spitze bei Topspeed rausgezogen -> meist sehr ungesund fuer die Rakete. Gruss Johannes Die Zensur ist das lebendige Geständnis der Großen, daß sie nur verdummte Sklaven aber keine freien Völker regieren können. (Johann Nepomuk Nestroy) Das Merkwürdige an der Zukunft ist wohl die Vorstellung, daß man unsere Zeit einmal die gute alte Zeit nennen wird. (Ernest Hemingway) Es wird niemals so viel gelogen wie vor der Wahl, während des Krieges und nach der Jagd. (Otto Fürst von Bismarck) |
Neil
99.9% harmless nerd
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Beitrag 13202
[03. Mai 2002 um 10:29]
Hi,
das heißt also, das ihr die Spitzen so lose in die Röhre einsteckt, das diese dann herausgezogen werden würde. Ist da nicht die Passung etwas zu grob, meine die Spitze wackelt dann. Könnte man dann nicht eine Bohrung so an der Psitze anbringen, das in ihr ein Unterdruck durch den Fahrtwind entsteht? Dieser würde dann wenn die Spitze abgestoßen werden soll am geringsten sein. Gruß Neil Die Erde ist eine Scheibe. Egal in welche Richtung sich die Menschheit bewegt, sie geht immer auf einen Abgrund zu. |
Dany
Der mit dem Dremel tanzt Registriert seit: Aug 2000 Wohnort: Fislisbach, CH Verein: ARGOS, TRA, HGV Beiträge: 1213 Status: Offline |
Beitrag 13203
[03. Mai 2002 um 10:40]
Man kann sich noch andere Möglichkeiten und Orientierung der Rakete vorstellen, spätestens beim 2-Stage-Recovery kann die Spitzeauch kopfüber hängen !
Warum also nicht eine Lösung wählen die in jedem denkbaren Fall (Vibrationen & Beschleunigungen) funktioniert ? All diese Fälle sind mit den Shear Pin's mit Garantie gelöst. |
Johannes (Axe) Haux
Poseidon Registriert seit: Okt 2000 Wohnort: D-73035 Göppingen-Jebenhausen Verein: HGV, AGM, TRA #7891 L2 z.Zt. inaktiv Beiträge: 1067 Status: Offline |
Beitrag 13204
[03. Mai 2002 um 10:52]
Zitat: Hi Neil, so wackelig muss die Spitze gar nicht sein. Je hoeher die Geschwindigkeit der Rakete ist um so groesser die Luftkraefte an der Rakete. Wenn dann die Einzelwiderstaende der Bauteile so stark wie im Beispiel differieren, kann die Spitze auch bei sauberem straffem Sitz rausgezogen werden. Du brauchst das nur mal mit 600 Km/h durchzurechnen. Die auftretenden Kraefte sind da nicht mehr von Pappe. Die Sache mit der Bohrung ist noch eine andere Baustelle. Bei HPR muss im vorderen Drittel der Rakete ein Lueftungsloch sein (NICHT in der Spitze). Dieses soll den Ueberdruck (aus den niedrigeren Luftschichten) ableiten. Ein Erzeugen von Unterdruck um die Spitze drin zu halten ist sehr heikel weil sich im Bereich der Spitze Ueberdruck- und Unterdruckbereiche abwechseln. Damit ist leicht Ueberdruck in das Rohr zu leiten - mit fatalen Folgen. Die shear-pins ergeben einen definierten Widerstand, der durch die Auswurfladung ueberwunden werden muss, jedoch groesser sein muss als die Luftwiderstandsdifferenz. Da beide Werte berechenbar sind ist die Dimensionierung kein Problem (es reicht sogar sie nach Faustformel vorzunehmen). Gruss Johannes Die Zensur ist das lebendige Geständnis der Großen, daß sie nur verdummte Sklaven aber keine freien Völker regieren können. (Johann Nepomuk Nestroy) Das Merkwürdige an der Zukunft ist wohl die Vorstellung, daß man unsere Zeit einmal die gute alte Zeit nennen wird. (Ernest Hemingway) Es wird niemals so viel gelogen wie vor der Wahl, während des Krieges und nach der Jagd. (Otto Fürst von Bismarck) |
Oliver Arend
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Beitrag 13211
[03. Mai 2002 um 12:28]
Wobei die "Drag Separation" in der Praxis kaum auftritt, da die Spitze hier sehr leicht ist und der Luftwiderstand hier sogar in einer größeren Beschleunigung der Spitze resultiert (der Luftwiderstand mag nur 1/4 so groß sein, aber die Spitze wiegt vielleicht nur 1/10 des Körperrohrs).
Spätestens jedoch wenn die Spitze so am Drogue baumelt und keine nennenswerten Luftwiderstände mehr wirken, könnte sie rausfallen. Oliver |
Stefan Wimmer
Grand Master of Rocketry
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Beitrag 13219
[03. Mai 2002 um 16:18]
Zitat: ...das mag im A-C Bereich gelten, aber spätestens wenn manche den "Aufstieg" machten und die ersten E-Motoren in LPR-Raketen stopften, hatten wir hier bei der DERA schon wunderschöne Drag-Separations. Aber das sind halt so die Lektionen die man auf dem Weg zu HPR zu lernen hat... It's the Government - it doesn't have to make sense! (B. Kaplow in r.m.r) |