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Saturn V
Anzündhilfe Registriert seit: Mär 2001 Wohnort: Verein: Beiträge: 22 Status: Offline |
Beitrag 1313
[11. April 2001 um 00:08]
Mich würd ma interessieren wie man Druckpunkt und Schwerpunkt einer Rakete berechnet, die noch nicht gebaut ist. Also nur auf dem Papier existiert. Natürlich kann ich das ein Programm machen lassen wie z.B. Spacecad, aber mich würden ma die Formeln interessieren. Wer kann mir helfen?
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Anzündhilfe Registriert seit: Jan 1970 Wohnort: Verein: Beiträge: 0 Status: Offline |
Beitrag 1314
[11. April 2001 um 06:58]
Für die Berechnung des Druckmittelpunktes gibt es zwei (mir sind jedenfalls nicht mehr bekannt) Berechnungsmetoden. Die Einfachere ist eine Berechnung des Flächenmittelpunktsberechnung aus dem Schatten des Modells.
Die Zweite ist die Berechnung nach Barrowman. Dabei werden die aerodynamsichen Eigenschaften z.B. die der Spitze Rechnung getragen. Für die Berechnung per Hand genügt es aber wenn man die Berechnung nach dem Schattenmodell durchführt. Bekommt man damit auf das Ergebnis, daß der Flug stabil sein muß, so wird er das auch nach Barrowman sein. Der Schwerpunkt könnte durch Massenberechnungen (über Volumenberechnung und spezifisches Gewicht) der Einzelteile errechnet werden. Ich tendiere aber dazu es abzuschätzen wo dieser liegen könnte. (Kann man Aufgrund anderer flugfertiger Modelle mit der Zeit abschätzen.) Sollte der Schwerpunkt tatsächlich dann doch weiter als geschätzt (oder berechnet?) im Heckbereich liegen, gleicht man dies eben durch Ballast in die Spitze aus. ------------------ Viele Grüße Erwin WWW.Raketenmodellbautechnik.de |
Oliver Arend
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Beitrag 1315
[11. April 2001 um 10:36]
Sobald man die Formeln hat, ist die Schattenmethode zum _Berechnen_ (nicht zum Ausschneiden und Balancieren) auch nicht viel einfacher (kann aber sein dass ich vorbelastet bin ;-).
Die Barrowman-Formeln sind in meiner Jufo-Arbeit hoffentlich detailliert, vollständig und korrekt ausgeführt sowie erklärt (und sie hat darüber hinaus noch anderen interessanten Inhalt). http://www.shuttle-endeavour.de/webimg/arbeit.pdf Die Berechnung des Massenschwerpunktes ist noch wesentlich komplizierter, hier lohnt es sich nicht, per Hand zu rechnen oder ein eigenes Programm zu entwickeln. Da aber auch die Computerergebnisse meist nur Näherungen sind, weil die Materialien nicht exakt so sind wie im Programm und man vielleicht hier und da etwas großzügig mit dem Epoxy war, würde ich das als groben Anhaltspunkt nehmen (genauso auch die Schätzung, von der Erwin schon sprach, das ist bei normalen Raketen wirklich nicht allzu schwer). In der Spitze etwas Platz für Ballast lassen, und nach dem Bau evtl. nachjustieren. Viel Erfolg! Oliver |
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Anzündhilfe Registriert seit: Jan 1970 Wohnort: Verein: Beiträge: 0 Status: Offline |
Beitrag 1316
[11. April 2001 um 11:13]
Hallo Oliver,
na wenn ich mir die Formeln z.b. bei den Flossen so ansehe. So einfach find ich diese nicht wenn man's zu Fuß rechnen will. Wehe man vertippt sich beim Taschenrechner. Da fällt mir noch eine Methode ein. Wer's mit dem rechnen nicht so hat oder seine Berechnungen nochmal überprüfen will, schneidet das Schattenbild seiner Rakete aus Pappe aus und ballansiert das dann aus. Dort wo sich das Gleichgewicht einstellt, ist der in etwa der Druckmittelpunkt (entspricht der Flächenberechnungsmethode!). |
Peter
alias James "Pond"
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Beitrag 1317
[11. April 2001 um 11:42]
Man sollte vielleicht noch ergänzen, wo beide Verfahren ihre Grenzen haben.
Barrowman ist zwar wesentlich genauer beim bestimmen des Druckmittelpunktes (das ist dieser "Geisterschwerpunkt", in dem sämtliche Luftkräfte angreifen), aber er ist nur für halbwegs "normale" Raketenformen anwendbar. Z.B. wird eine halbwegs schlanke Rakete mit zylindrischem Rumpf vorausgesetzt, und besonders die Leitflächen sind "langweilige, eckige Normalos". Das kann man durch nähern und tricksen ein wenig ausdehnen, was dann aber irgendwann mal nicht mehr zum Genauigkeitsanspruch bei soviel Formeln paßt. Was NICHT geht ist z.B. einen Marslander oder auch nur die sehr schön geformte A4 zu berechnen. Die Ausschneidemethode rechnet schlicht falsch. Das macht aber nicht so viel, weil sie sich zu Gunsten höherer Sicherheit verrechnet. Wenn ein Modell nach dieser Schattenmethode als stabil gilt, dann ist es eher schon überstabil. Das bedeutet: es neigt sich bereitwilliger in den Seitenwind. Der fundamentale Unterschied liegt m.E. nicht so sehr in den Formeln (denn man kann ja auch die Schattenmethode berechnen) sondern schlicht darin, daß laut Barrowman der zylindrische Rumpf keine Rolle spielt. Bei der Schattenmethode ist er das größte Einzelteil. Folglich führt die Schattenmethode dazu, daß man eher "riesige" Leitflächen bauen möchte, während Barrowman nur relativ kleine Leitflächen verlangt. Das gibt dann optisch meistens mehr her, und ist nicht so seitenwindempfindlich. Ich finde es übrigens sehr gut, daß Du die Methoden verstehen möchtest. So schwer ist das ja nicht. Gerade der Einsatz von (fremden) Computerprogrammen gibt zwar einen Coolnessfaktor nahe 0 Grad Kelvin her, aber als Preis dafür geht das Verständnis verloren, was die blöde Blackbox denn eigentlich genau tut. Zum sturen durchrechnen kann man die Kiste dann ja wieder gut gebrauchen.. |
Oliver Arend
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Beitrag 1318
[11. April 2001 um 13:02]
Naja, also das Verstehen der Barrowman-Formeln... Die Funktionsweise ja, aber die Herleitung dürfte nur ein gestandener Aerodynamiker schaffen. Wie gesagt, ich bin vorbelastet (Mathe-Lk), von daher machen mir selbst die Flossenformeln nichts aus. Und ich habe an meinem Shuttle gezeigt (es kann natürlich sein dass es Glück war), dass auch komplizierte Formen mit Barrowman zu berechnen sind. Sie müssen noch nicht mal rotationssymmetrisch sein. Allerdings muss man dann weitere Dimensionen abgesehen von der Längsachse betrachten. (das alles habe ich einfach angenommen, aufgrund der Funktionsweise der Barrowman-Formeln, und dann experimentell bestätigt). Warum ließe sich die V2 nicht berechnen? Wegen der Verjüngung am Ende? Weil dann Barrowman kaputt geht, da es negative Werte gibt, die den Druckpunkt übermäßig weit nach vorn verlegen?
Stellt Euch mal folgendes vor: Die Rakete von vorne. Man sieht einen Nosecone und so ein bisschen die dünnen Flossen im Profil. Wenn der Wind aus dieser Sichtrichtung kommt ist alles in Ordnung, da gibts nur Luftwiderstand. Jetzt stellt Euch die Rakete leicht angewinkelt vor - geschehen bspw. durch Seitenwind. Ihr seht ein bisschen mehr vom Nosecone, ein kleines bisschen Körperrohr und plötzlich doch einiges von den Flossen. Die Flossen haben ab sofort eine korrigierende Wirkung, das Heck will wieder hinter die Nase (Geradeausflug). Die jedoch wird durch den Luftwiderstand nach hinten gedrückt. Wenn jetzt also entweder die Flossen zu klein oder der Schwerpunkt zu weit hinten (Hebel für Nase ganz lang und für Flossen ganz kurz) ist, gibts einen instabilen Flug. Wenn nicht, dann fliegt die Rakete weiter geradeaus, bzw. leicht wackelnd, da bei sehr kleinen Anstellwinkeln die projizierte Fläche des Nosecones viel größer ist als die der Flossen, nur "überholen" diese den Nosecone ab einem bestimmten Winkel. So, und jetzt kommt die Verjüngung: Wenn man sich die Rakete leicht angewinkelt (nach Barrowman: Anstellwinkel < 15°) vorstellt, sieht man nichts von der Verjüngung, sie hat also keinen nennenswerten Effekt, bis auf Luftwiderstandreduktion und evtl. leichte Auftriebserzeugung durch auf beiden Seiten verschieden umströmende Luft. Aber zu vernachlässigen. Mit dem ganzen Kram werde ich mich in meiner nächsten Jugend forscht-Arbeit beschäftigen. Aber das ist nur meine Meinung, in Wirklichkeit könnte es ganz anders sein. YMMV. Oliver |
Peter
alias James "Pond"
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Beitrag 1319
[11. April 2001 um 13:26]
Barrowman beruht auf empirischen Daten die z.B. an Flugzeugen des 1. Weltkrieges (!) gewonnen wurden. Das kann doch eigentlich nicht die letzte Antwort auf die Frage nach dem Druckmittelpunkt sein...
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Oliver Arend
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Beitrag 1320
[11. April 2001 um 15:00]
Meinste die Luft fließt heut anders?
Wie gesagt, ich werd mich mit beschäftigen, vielleicht ist ja alles falsch Oliver |
Peter
alias James "Pond"
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Beitrag 1321
[11. April 2001 um 15:36]
Zitat: Ist es denn möglich, daß mit den ollen Doppeldeckern von 1918 das Thema schon ausgereizt ist? Erinnert mich an Max Planck. Dem riet sein Lehrer, bloß nicht Physik zu studieren, da seien alle wesentlichen Entdeckungen schon gemacht. Der gute Max kam dann aber mit dem gleichnamigen Wirkungsquantum rüber, und dann kam auch noch die Relativitätstherie und überhaupt wurde alles ganz anders. Trotzdem ist Dir keiner böse, wenn Du vorher noch schnell Abitur machst und dann erst den Barrowman revolutionierst. |
Oliver Arend
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Beitrag 1322
[11. April 2001 um 15:54]
Ok, ich sach dann Bescheid.
Oliver |