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Tom
Grand Master of Rocketry
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Beitrag 1063
[06. September 2000 um 19:01]
Hallo Raketenflieger,
wir habe nun einen Teil des BC360 Threads ( http://www.raketenmodellbau.org/images/Forum21/HTML/000006.html ), in dem es um Wernher von Braun und den 2. Weltkrieg ging, hierher verschoben da dies eigendlich wenig mit den BC Motoren zu tun hat, dennoch meiner Meinung nach aber eine hohe Priorität haben sollte ! das Raketenmodellbau.de Team |
Hendrik
Senior Pyronaut
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Beitrag 1064
[29. Januar 2001 um 08:32]
Hallo Leute,
... Die Wissenschaft hat keine moralische Dimension. Sie ist wie ein Messer. Wenn man es einem Chirurgen und einem Mörder gibt, gebraucht es jeder auf seine Weise. Wernher von Braun (1912 - 1977), deutsch-US-amerikanischer Raketenforscher SOL-2 Die Wissenschaft hat keine moralische Dimension. Sie ist wie ein Messer. Wenn man es einem Chirurgen und einem Mörder gibt, gebraucht es jeder auf seine Weise. Wernher von Braun (1912 - 1977), deutsch-US-amerikanischer Raketenforscher http://solaris.raketenmodellbau.org Solaris-RMBder Verein fürs Forum. |
Faust
System Administrator
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Beitrag 1065
[29. Januar 2001 um 13:25]
Zitat: hm, finde das einen sehr weisen spruch, allerdings muss man natürlich hier auch gleich sagen (bzw. wernher von braun) kann ich nach wie vor noch nicht ganz verstehen, WARUM er sich auch nachdem er gewusst hatte wofür seine raketen im 2. weltkrieg wirklich eingesetzt werden, und welche grausamen taten damit vollbracht wurde immer noch die arbeiten fortgesetzt hat ! also ich meine, warum haben wernher von brauch keinerlei moralische gedanken geplagt ? ( er wusste ja letztendlich was er tat ! ) cu faust Whoa... I did a 'cat /boot/vmlinuz > /dev/audio' and I think I heard God! |
Peter
alias James "Pond"
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Beitrag 1066
[29. Januar 2001 um 14:19]
Zitat: Würde diese Frage auch gestellt, wenn Deutschland den Krieg gewonnen hätte? Es muß so an die 10 Jahre her sein, da haben die Briten ihrem Luftmarschall Harris ein Denkmal gesetzt. Worin bestehen seine Verdienste? Er hat z.B. den Bombenkrieg gegen Zivilisten nach allen Regeln der Kunst optimiert. Beispiel: man nimmt sich einen großen Straßenzug vor, wirft Sprengbomben an beiden Enden und versperrt so die Fluchtwege. Dann wirft man Phosphorbrandbomben in die Häuser, damit die Leute aus den Kellern kommen. Die Opfer dieser Strategie brannten als menschliche Fackeln. Wenn sie sich dann z.B. in den Stadtbrunnen stürzten und untertauchten, mußten sie ja irgendwann zum Luftholen wieder hochkommen. Da brannte der an ihnen klebende Phosphor gleich weiter.. Die Opferstatatistiken sind naturgemäß ungenau. Ich meine aber, daß allein der alliierte Angriff gegen Dresden im Februar 1945 weit mehr Tote Zivilisten forderte, als sämtliche V2 zusammen. Wer will einem Volk in dieser Extremsituation verbieten, sich zu wehren? Was ist an der V2 unmenschlicher als an der Phosphorbombe? Warum werden die einen kritisiert, während man den anderen Denkmäler setzt? Und sämtliche Moralisten, die heute gerne auf WvB herumhacken, haben vor zwei Jahren den Mund nicht aufbekommen, als die serbischen Zivilisten in den Städten weitab vom Kosovo mit Uranmunition bombardiert wurden, während man weiter südöstlich die eigentlichen Killerbanden wochenlang nahezu unbehelligt gelassen hat- ob aus Feigheit oder Berechnung, das kann man sich aussuchen. |
Achim
Moderator
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Beitrag 1067
[29. Januar 2001 um 22:06]
von Braun war keineswegs frei von moralischen Bedenken. Auch war der militärische Einsatz sicher nicht sein eigentliches Ziel. Aber wer von uns, die wir alle nur in einer Demokratie aufgewachsen sind, will schon urteilen können, wie man sich unter dem Druck eines totalitären Regimes verhalten würde.
Peter, eine Unterschied gibt es wohl doch. Deutschland hat diesen Krieg angefangen und sich damit automatisch ins Unrecht gesetzt. Wen das Thema interessiert, dem empfehle ich Dornberger`s Buch "die Geschichte der V-Waffen" Achim Der größte Feind des Erfolges ist die Perfektion |
Peter
alias James "Pond"
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Beitrag 1068
[30. Januar 2001 um 01:01]
Ich glaube nicht, daß man es sich so einfach machen kann. Die durch Phosphorbomben verbrannten Kinder haben niemandem vorher den Krieg erklärt. Es würde letztlich darauf hinauslaufen, daß der Zweck die Mittel heiligt, und das ist ein gefährliches Prinzip. Es leuchtet mir viel mehr ein, daß es im Krieg eigentlich nur Kriegsverbrechen geben kann, und zwar auf allen Seiten.
Vielleicht ist es auch eine Frage wert, ob WvB nicht nach dem Krieg mehr Schuld auf sich geladen hat. Seine V2 konnte eine Tonne Sprengstoff transportieren, na ja. Aber die folgenden Raketengenerationen hatten aller vorgeschobenen Raumfahrt zum Trotz hauptsächlich militärischen Zweck und dienten dem Transport von Atomsprengköpfen. Es gab sogar amerikanische Pläne, auf dem Mond eine Kernwaffenbasis einzurichten. |
Neil
99.9% harmless nerd
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Beitrag 1069
[30. Januar 2001 um 08:32]
Hi,
WvB ist ja nur einer von vielen Wissenschaftlern. So ist bekannt, das die deutschen Atomphysiker im zweiten Weltkrieg mit absicht um die Bombe herum geforscht haben. Später als die Bombe dann auf Japan geworfen wurde, haben die gleichen Wissenschaftler in gefangenschaft innerhalb einer Woche die richtigen theoretischen Grundlagen erarbeitet. WvB war ansich vielleicht etwas naiv und zu sehr von seinem Traum befangen. Für ihn war das dritte Reich nur ein Geldgeber. Bis dann. Die Erde ist eine Scheibe. Egal in welche Richtung sich die Menschheit bewegt, sie geht immer auf einen Abgrund zu. |
Faust
System Administrator
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Beitrag 1070
[30. Januar 2001 um 20:07]
hallo,
ja, das ist klar... für ihn war alles nur ein geldgeber, aber ich versteh nicht warum er dann, wo die v2 in massenproduktion ging, keinen "stop" gemacht hat........ ansich wäre das für ihn nur ein brief gewesen, soweit die doku wo ich darüber gesehen habe gestimmt hat ! @peter: ist schon klar, dass die v2 eine "lächerliche" waffe gegenüber von phosphorbomben o.ä. war, aber darum gehts glaub ich gar nicht so... viel mehr geht es doch darum, WARUM hat WvB nichts getan, als seine raketen gegen menschen eingesetzt worden sind... Whoa... I did a 'cat /boot/vmlinuz > /dev/audio' and I think I heard God! |
Achim
Moderator
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Beitrag 1071
[30. Januar 2001 um 23:30]
WvB war ein Visionär. Man mag dies als naiv bezeichnen, aber am Anfang einer technologischen Errungenschaft steht immer eine Vision.
Peter, natürlich ist ein Krieg immer ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Es gilt aber zu bedenken, dass die Tendenz zu kriegerischen Auseinandersetzungen von der Evolution während unvorstellbar langer Epochen in der Grosshirnrinde zum Zweck des Überlebens, zusammen mit einigen anderen Eigenschaften, wie Xenophobie, oder der Bereitschaft zur bedingungslosen Unterordnung unter die Interessen der eigenen Gemeinschaft, deren Lebensberechtigung der aller Konkurrenten überzuordnen war, fest verankert wurde. Diese Gebote der Steinzeit spuken noch heute in der Tiefe unserer Seele umher, weil die Geschwindigkeit der Anpassung biologischer Entwicklungsprozesse der kulturellen Entwicklung so unvergleichlich hinterher hinkt. Der, sich aus diesen Zusammenhängen ergebenden Möglichkeiten, haben sich Demagogen zu allen Zeiten, mit intuitiver Sicherheit, zum Erreichen ihrer persönlichen Ziele bedient. So auch das Naziregime. Der Versuchung dieser Demagogie nicht widerstanden zu haben, darin besteht die eigentliche moralische Schuld. Achim Der größte Feind des Erfolges ist die Perfektion |
Peter
alias James "Pond"
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Beitrag 1072
[31. Januar 2001 um 08:33]
Zitat: Für mich lautet die Gegenfrage: würden wir diesen Punkt diskutieren, wenn WvB ein Engländer gewesen wäre, und wenn seine Raketen in Berlin eingeschlagen hätten? Ich glaube nein. Beweis: Bomber-Harris, der weiter oben erwähnte, hat sein Denkmal bekommen und heute zweifelt das keiner an. Zweite Frage: warum werfen wir WvB nur die Zeit bis 1945 vor? Wir könnten ja auch sagen: warum hat er seine Mitarbeit nicht gestoppt als klar wurde, daß man mit den Raketen Atomwaffen transportieren kann? Komischerweise stört das keinen, denn er stand da ja auf der "richtigen" Seite. In diesem Zusammenhang muß ich widersprechen: die Effizienz der Waffen spielt eine entscheidende Rolle. Schon in den Sechziger Jahren war man soweit, in einer halben Stunde um ein vielfaches mehr Menschen töten zu können, als dies den zig Millionen Soldaten das Zweiten Weltkrieges in sechs Jahren "harter Arbeit" gelungen ist. Man konnte im Endeffekt die gesamte Menschheit ausrotten, und man sitzt auf dieser Möglichkeit noch heute. Ich denke, man sollte einer schlichten Wahrheit ins Auge sehen: Moral wird von allen Seiten als Propagandamittel mißbraucht. Darum fällt es auch garnicht schwer, bei unvoreingenommener Betrachtung die vielen Widersprüche "moralischer" Argumentation zu finden. In unserer Diskussion liegt ein Widerspruch darin, daß wir im Endeffekt unterteilen zwischen Opfern, denen unser Mitgefühl gilt und für die sich z.B. ein WvB verantworten muß, und anderen Opfern, die auf der falschen Seite stehen und es daher irgendwie verdient haben. Weshalb man ihren Schlächtern Denkmäler setzen darf. Zu Ende gedacht ist dies eine Einteilung in "wertvolle Menschen" und "lebensunwerte Feinde der Demokratie". Solche Einteilungen kennzeichnen faschistisches Denken. Hier bei den Toten ist es sozusagen Nekrofaschismus. Praktisch gesehen: Irgendwer muß sich doch die Hände reiben, wenn wir unsere moralische Ent-rüstung immer wieder an den ollen Kamellen verpuffen lassen, an denen wir ohnehin nichts mehr ändern können (ich kann kein V2 Opfer wiederbeleben, ich kann auch kein Hiroshima Opfer ungeschehen machen..). Anstatt sich zu fragen, welche Aktionen die Anwendung dieser moralischen Kategorien von UNS HEUTE verlangen würde. Vielleicht müssen wir uns eines Tages z.B. dafür verantworten, daß wir - nichts zur vollständigen Abrüstung aller ABC Waffen unternehmen, - zusehen, wie die Bundeswehr zu einer international einsetzbaren Angriffsarmee umgebaut wird, um den Weltherrschaftsanspruch der Nato mit durchzusetzen, - nicht dagegen protestieren, daß Hunderttausende irakischer Kinder an den Folgen der Sanktionen gestorben sind (z.B. fehlende Medizin). - Ländern wie Äthiopien und Erithrea bereitwilligst Waffen verkauft werden, obwohl diese Länder für ihre Hungersnöte berüchtigt sind. (Unter den wichtigsten Waffenlieferanten würden wir prominente Länder finden, die ansonsten nicht müde werden den Moralknüppel zu schwingen und die Einhaltung der Menschenrechte zu fordern.) |