Dino
SP-Schnüffler
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Hallo Allerseits,
bei der Berechnung eines Projektes bin ich auf folgendes Problem gestoßen:
Für die Kalkulation des optimalen Zeitpunktes für die Zündung eines Bremstriebwerkes gehe ich von der Annahme aus, dass eine Rakete der Masse x mit dem Treibsatz y normal gestartet, die per WRASP errechnete Brennschlussgeschwindigkeit v in der Höhe h nach der Brennzeit t erreicht. Also müsste eine Rakete der gleichen Masse mit dem gleichen Treibsatz, wenn sie in der Höhe h bei einer Fallgeschwindigkeit v gezündet wird, etwa in der Höhe 0 die Geschwindigkeit 0 erreichen (die Stabilitätsprobleme seien hier mal vernachlässigt). Die offene Frage dabei ist: Wenn, statt einer aerodynamisch geformten Spitze, dort ein nach vorne feuernder Raketenmotor sitzt, wie sieht es da mit dem Luftwiderstand aus? Einerseits könnte man denken, dass der deutlich über 1 liegt, - oder aber fast 0 ist, weil die Luftströmung die Rakete in deren Querschitt nicht erreicht (was dann gleichzeitig ein erhebliches Problem für die Stabilisierung durch Flossen wäre, selbst wenn die Fluggeschwindigkeit noch hoch ist).
Ideen, Meinungen und Erkenntnisse hierzu werden dankbar entgegen genommen!
Gruß
Dino
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tr0815
Raketenbauer
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Hallo,
um als Motorbremse zu wirken, muß der Bremsschub die die Größe des Luftwiderstands übertreffen, da es sonst keine Bremswirkung geben würde. Wenn die Geschwindigkeit kleiner wird, wird irgendwann die Anströmung, die für die Flubstabiltät verantwortlich ist, verschwinden.
Wenn Du die Geschwindigkeitkeit auf Null bekommen willst, dann wird spätestens die Auswurfladung des Motors zum Problem. Was da passiert, läßt sich schwer vorhersagen.
Fazit: Ein Motor zum Bremsen braucht eine "sanfte" Abbrandkurve und er sollte keine Auswurfladung besitzen.
Christoph
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Dino
SP-Schnüffler
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Moin Christoph, erst mal vielen Dank für die Antwort! Zitat: um als Motorbremse zu wirken, muß der Bremsschub die die Größe des Luftwiderstands übertreffen, da es sonst keine Bremswirkung geben würde.
logisch Zitat: Wenn die Geschwindigkeit kleiner wird, wird irgendwann die Anströmung, die für die Flubstabiltät verantwortlich ist, verschwinden.
auch klar, aber darum geht es im Moment nicht Zitat: Wenn Du die Geschwindigkeitkeit auf Null bekommen willst, dann wird spätestens die Auswurfladung des Motors zum Problem. Was da passiert, läßt sich schwer vorhersagen.
Es soll ja nichts ausgeworfen werden, also ohne Auswurfladung, aber was ist denn nun mit dem Luftwiderstand? Welcher Wert muss in die Berechnung eingehen? Die praktische Umsetzung ist jetzt erst mal zweitrangig. Gruß Dino
Geändert von Dino am 14. Juli 2008 um 08:53
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pegi
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Zitat: Original geschrieben von Dino
Wenn, statt einer aerodynamisch geformten Spitze, dort ein nach vorne feuernder Raketenmotor sitzt, wie sieht es da mit dem Luftwiderstand aus?
Du könntest ja den Bremsmotor hinter eine (Einweg)-Spitze setzen, die bei der Zündung abgeworfen wird.
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Dino
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Hi,
ich befürchte, das Problem ist nicht richtig deutlich geworden:
Es geht um die Brennphase des Bremsmotors, oder anders formuliert: Welchen Luftwiderstandsbeiwert (cw) und welche wirksame Querschnittsfläche hat der Abgasstrahl eines Raketenmotors, der gegen die Flugrichtung arbeitet?
Gruß
Dino
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Oliver Arend
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Vernachlässige den Einfluss des Abgasstrahls und setze den c_w auf 1,1 für eine Kreisplatte, falls Du ein gerade abgeschnittenes Heck hast.
Willst Du die Rakete nur mit dem Treibsatz bremsen oder am Fallschirm hängend? In ersterem Fall kriegst Du das Heck ohnehin nicht nach vorne, im zweiteren kannst Du den Luftwiderstand des Rumpfes insgesamt vernachlässigen.
Oliver
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Reinhard
Überflieger
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Hi,
tendenziell würde ich, aus dem Bauch heraus, von einem verringerten Luftwiderstand ausgehen. Den hat man aber auch während des Starts bei dem der Motor den Basedrag reduziert, genauso wie das bei "Bleeder"-Geschoßen in der Artillerie gemacht wird. Man muss also den Einfluss auf den Luftwiderstand in beiden Phasen des Fluges berücksichtigen.
Dazu kommen noch zwei wichtige Unterschiede: Beim Start wirkt der Luftwiderstand dem Schub entgegen, bei der Landung wirkt er in die gleiche Richtung. Die Schubcharakteristik des Motors ist umgekehrt: Beim Start, hoher Schub am Boden, mit steigender Höhe abfallend. Bei der Landung verhält es sich genau umgekehrt.
Wenn du das Ding unter Vernachlässigung der Veränderung des Luftwiderstandes simulieren willst versuche folgendes. Hoffe dass dein Simulationsprogramm einen negativen cd-Wert zulässt und erstelle manuell eine umgekehrte Schubkurve. Wenn du die Rakete so "startest" solltest du zumindest in der richtigen Größenordnung liegen.
Gruß Reinhard
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Dino
SP-Schnüffler
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guten Abend! @Oliver: Zitat: Willst Du die Rakete nur mit dem Treibsatz bremsen oder am Fallschirm hängend? In ersterem Fall kriegst Du das Heck ohnehin nicht nach vorne, im zweiteren kannst Du den Luftwiderstand des Rumpfes insgesamt vernachlässigen.
Ersteres, aber mit dem Brems-Treibsatz in der Spitze Zitat: Vernachlässige den Einfluss des Abgasstrahls und setze den c_w auf 1,1 für eine Kreisplatte, falls Du ein gerade abgeschnittenes Heck hast.
warum? @Reinhard: Das mit der umgekehrten Schubkurve ist einleuchtend, (aber die brauche ich doch nur, wenn ich die Veränderung des Luftwiderstandes NICHT vernachlässigen will, - fehlt evtl. dieses Wort in Deinem Satz?) dennoch bringt mir das nur Werte, als würde die Rakete ohne Abgasstrahl fliegen. Es soll ja mal Leute gegeben haben, die Raumfahrt mittels Raketen für unmöglich hielten, weil eine Rakete sich ihrer Meinung nach an der Luft "abstoßen" müsste, was im Vakuum nicht ginge. Das hier Unkenntnis des Rückstoßprinzips vorlag, ändert aber nichts an dem Umstand, dass Raketen sich wirklich an der Luft abstoßen, oder besser, der Abgasstrahl beschleunigt AUCH die umgebende Luft, was eine Gegenkraft bewirkt. Hier geht es darum, dass diese Beschleunigung VOR der Rakete entgegen der Flugrichtung erfolgt, was aus meiner Sicht erstens die wirksame Schubkraft erhöht, und zweitens die Luftströmung um die Rakete beeinflusst, - die Frage ist nur: wie? Ich stelle mir vor, zwischen dem ausströmenden und dem anströmenden Gas entsteht eine Art "Front" vor der Rakete, um die die anströmende Luft herumströmen muss. Ob dies nur zu einer Bremsung der relativen Strömungsgeschwindigkeit an der Rakete, oder zu einer kompletten Verwirbelung führt, oder doch ganz anders wirkt, bleibt zu klären. In der Praxis würde dann der Unterschied darin bestehen, dass die Rakete, obwohl sie z.B. mit 25m/s fällt, also normalerweise aerodynamisch stabil sein sollte, SOFORT bei der Bremsraketenzündung instabil wird, oder aber erst, wenn die Geschwindigkeit deutlich abgesunken ist. Gruß Dino
Geändert von Dino am 14. Juli 2008 um 21:48
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Dino
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Moin nochmal, nun bin ich doch etwas überrascht, -das Problem scheint nicht nur für mich keine spontan einleuchtende, eindeutige Antwort zu haben Wenn's an dem scheinbar fehlenden Praxisbezug liegen sollte, dann kann man ja von einer zweistufigen Bergung ausgehen, bei welcher der Pilot-Schirm durch ein Bremstriebwerk ersetzt wird. Es wäre da schon angenehm, vorher zu wissen, ob die Rakete dabei stabil bleibt, oder chaotische Figuren fliegt Rollis Natter hatte ja ein Bremstriebwerk, aber das war ziemlich schwach für die Masse und brannte nur sehr kurz - da hat evtl. schon allein die Massenträgheit ein Ausbrechen verhindert. Andere Experimente mit länger brennenden Bremsraketen sind MIR nicht bekannt, aber vielleicht Anderen...? Sonst bleibt wohl doch nur die Option "probieren geht über studieren" Gruß Dino
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Oliver Arend
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Wenn das nach vorne schiebende Triebwerk die Aerodynamik mit seinem Abgasstrahl nicht oder nur kaum verändert (wovon ich ausgehe), dann wird die Rakete erst dann instabil wenn sie zu langsam wird (unter 10 m/s). Der Treibsatz würde ja nicht anders als ein stark veränderter Luftwiderstand wirken. Es muss natürlich sichergestellt sein, dass der Schub genau durch den Schwerpunkt geht, da beim Einbau in der Nase der Hebelarm für Momente, die die Rakete von der Bahn ablenken könnten, größer ist. Oliver
Geändert von Oliver Arend am 16. Juli 2008 um 09:20
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